Zwischen Wirtschaftswachstum und sozialer Not
Norbert Halter vom DRK-Ortsverein Lamspringe bringt seit Jahrzehnten Hilfe nach Rumänien
Alfeld/ Rumänien. Menschen etwas zu geben, für die selbst Lebensmittel kein selbstverständliches Gut sind – das hat sich die Rumänienhilfe des DRK-Ortsvereins Lamspringe zur Aufgabe gemacht. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist Norbert Halter unermüdlich im Einsatz für die Menschen in dem osteuropäischen Land, die am Rand der Gesellschaft stehen. Dafür hält er Vorträge und sammelt Spenden. Auch in diesem Herbst war er wieder mit einem Transport mit medizinischen Hilfsmitteln und 10.000 Euro für Lebensmittel vor Ort. Begleitet wurde er von Egbert Wiegand vom DRK-Kreisverband Alfeld e.V.
Das 238.397 Quadratmeter große Land ist die Heimat von rund 19 Millionen Menschen und eins des ärmsten Europas. Der Anteil der von Armut bedrohten Menschen liegt bei rund 30 Prozent. Doch warum lebt ein Drittel der Rumänen am Rande der Armut, wenn das Bruttoinlandsprodukt des Landes in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist und die aktive Bevölkerung zu den Europäern gehört, die mit 39,7 Stunden pro Woche mehr Stunden am Arbeitsplatz verbringt als der Durchschnitt in Europa?
Norbert Halter kennt Rumänien seit mehr 30 Jahren. 1992 war der ehemalige Lamspringer Lehrer für sechs Monate Delegationsleiter des Deutschen Roten Kreuzes in Rumänien. Das Bild von Menschen, die in ärmsten Verhältnissen ohne Strom und fließend Wasser lebten, ließ ihn nicht mehr los. Er beschreibt die Diskrepanz: Öffentliche Maßnahmen, die in Rumänien in den vergangenen Jahren ergriffen wurden, seien vor allem auf die wirtschaftliche Entwicklung ausgerichtet. Während sich die Städte entwickelt und Investoren aus dem Ausland angezogen hätten, herrsche auf dem Land oft bittere Armut. Was für Empfänger von Sozialleistungen in Deutschland das absolute Minimum darstelle, sei in Osteuropa ein kaum vorstellbarer Wohlstand. In Rumänien liegen die Sozialleistungen oft nur bei wenigen Dutzend Euro.
Der Anteil der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Bevölkerungsgruppen sei nach wie vor sehr hoch. Strukturelle Mängel, schlechte Gesundheitsversorgung und Korruption sorgten dafür, dass Rumänien einen der hintersten Plätze in Hinblick auf die Lebensqualität in der Europäischen Union einnehme. Und darum lautet seine Antwort auch ganz klar: „Ja, Hilfe für Rumänien ist weiterhin notwendig.“
Davon konnte sich die Delegation auch in diesem Jahr wieder überzeugen. Für die Verteilaktion hatte sich das Rumänische Rote Kreuz (CRR) für die Dörfer Napradea und Samsud im Kreis Salaj entschieden. Die Lebensmittel, die mit den Spenden aus Deutschland vor Ort gekauft wurden, sind bereits in Tüten verpackt: Mehl, Zucker, Öl, Teigwaren, Reis und Konserven.
Begleitet wurden Halter und Wiegand von Rotkreuzlern aus Salaj. Akribisch haben die rumänischen Ehrenamtlichen die Verteilaktion dokumentiert und auch das Ziel klar definiert: „Unterstützung vulnerabler Gruppen durch die Bereitstellung von lebensnotwendigen Lebensmitteln, um somit die Lebensbedingungen zu verbessern und soziale Ausgrenzung zu verhindern.“ Begünstigt wurden alleinstehende ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, kinderreiche Familie oder andere soziale Härtefälle. Die Auswahl erfolgte auf Grundlage der Informationen der Gemeindeverwaltung. Darunter eine Familie mit drei behinderten Kindern, die in einem verfallenen Haus von Verwandten in zwei Zimmern ohne Bad und Küche leben. Die Mutter kümmert sich nur teilweise um die Kinder, kocht nicht und achtet wenig auf Hygiene. Die Kinder gehen unregelmäßig zur Schule, oft aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen. Oder dem 49-jährige behinderten Mann, der mit seiner 81-jährigen Mutter im Haus der Mutter mit Brunnenwasser und Holzheizung lebt. „Die erhaltenen Hilfen werden oft mit Tränen und Dankbarkeit angenommen“, sagt Halter.
Er betont immer wieder, dass die Hilfe aus Deutschland kein „Gießkannen-Prinzip“ sei. „Wir wollen den Helfern vor Ort nichts überstülpen und sagen nicht „So wird`s gemacht.“, sondern fragen, wie wir unterstützen können. Lorena Filip, Direktorin vom CRR in Zalau im Distrikt Salaj, ist dankbar für die kontinuierliche Hilfe, ohne die die Lebensmittelverteilung nicht möglich sei, und hat – auch dank der Spenden aus Deutschland - in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Hilfenetzwerk aufgebaut. 2023 wurde in Zalau beispielsweise ein Gesundheits- und Förderzentrum eingeweiht. Hier werden älteren und gefährdeten Menschen kostenlos medizinische und psychosoziale Unterstützung angeboten
Finanzielle Unterstützung, Medikamente und medizinische Hilfsmittel sind jederzeit willkommen. Norbert Halter bietet auch wieder Vorträge an (norbert-halter(at)online(dot)de oder 01525 3138 250) an.
Foto:
- Norbert Halter verteilt mit rumänischen Helfern Lebensmittel in Bergdörfern
